Lesung Peter Waldeck und Bernhard Moshammer

Peter Waldeck
Spaß und Schulden am Neustifter Kirtag.  

1985, Neustifter Kirtag: ein bombastisches Event. Für drei Tage im Jahr brummt das gemütliche Weinhauer-Viertel am Rande Wiens. Prominente zwängen sich in Tracht und Dirndl, Jugendliche schniegeln sich für eine dreitägige Sauftour zurecht, Politiker geben den letzten Rest an Würde auf, um ein paar Stimmen am rechten Rand abzuräumen. Traurig, pompös, unentrinnbar. Doch in den 1980er Jahren, in denen dieser Roman spielt, war der Neustifter Kirtag noch eine erbärmliche Angelegenheit. Schäbige Stände, ein quietschendes Ringelspiel, enttäuschte Kinder, grantige Eltern, Anspannung und Ohrfeigen.

Im Mittelpunkt dieses gloriosen Romans stehen das Ehepaar Thomas und Sylvia und ihre Kinder Lisa, Michael und Willi. Familienhündin Bonny ist im Wald entlaufen, sie soll so schnell wie möglich gefunden werden, sonst passiert noch ein Unglück auf der Höhenstraße. Aber die Familienmitglieder haben drängendere Pläne: Vater Thomas will auf den Kirtag, um bei der ÖVP-Neustift nichts zu versäumen. Michael will nichts lieber als mit einem dritten Bier seinen Alkoholspiegel auf gutem Niveau halten, und Hobby-DJ Lisa ist auf der Suche nach ihren Schallplatten. Nur der Jüngste, Willi, ist voll und ganz bei der Sache, er hat in seinem Leben bereits über zehn Haustiere verloren und würde einen weiteren Verlust nicht verkraften. Und dann drehen auch noch die beiden Skinheads (mit literarischem Kultpotenzial) Gabor und Alex ihre Runden und verbreiten Gewalt und Anarchie.

 

Peter Waldeck
Seit 1995 arbeitet er mit seiner Theatergruppe Casa Del Kung Fu im Bereich zwischen Literatur, Wrestling und Comic. Zwischen 1996 bis 2006 veranstaltete er die Filmclubreihe Otakoo Saloon und widmete sich dem Texten von Comics. Die melancholische Comicserie El Pablo versus El Diablo (mit Jan Limpens) erschien regelmäßig in der Qualitätszeitung Folha de S. Paulo, der Tageszeitung mit der größten Verbreitung in Lateinamerika. Der Falter wählte sein Stück Fantomas – Das Action Musical unter die zehn besten Theaterproduktionen des Jahres 2008. Im Winter 2012 hatte sein Stück Columbo Dreams mit Manuel Rubey, Eva Maria Marold, Christian Dolezal und Gerald Votava im Rabenhoftheater Premiere und feierte große Erfolge bei Kritik und Publikum. 2017 erschien sein Debütroman Die 67 enttäuschendsten Sexfilme aller Zeiten beim Milena Verlag, 2019 folgte ebendort der Bestseller Triumph des Scheiterns.

 

Bernhard Moshammer

Die Holzapfel Schwestern

Mitten im Wald führen die Schwestern Maria und Regina Holzapfel ein karges, archaisches Leben; ohne Strom, ohne technische Errungenschaften schlagen sie sich durch. Wir schreiben das Jahr X nach dem Kollaps, was den Kollaps herbeiführte, lässt der Roman offen, aber es gibt kein gemeinsames Narrativ mehr, der Mensch ist in Moshammers Geschichte sich selbst überlassen. Doch eines Tages bekommen die Schwestern unerwarteten Besuch: Halbschwester Sarah stößt zu ihnen und erbittet hochschwanger Einlass. Das Leben der Schwestern ändert sich schlagartig, Sarah bringt den kleinen Adam zur Welt, Maria entdeckt durch das Kind die Liebe, Regina versinkt noch mehr in Verzweiflung. Die Jahre vergehen, da meldet sich eines Tages auch Adams Vater, der Felsenreiter, zurück. Ihm gehört ein Bordell, und er entführt den Fünfjährigen, um ihm ein Leben in der Stadt zu ermöglichen, wo der Bub von den Mädchen der Sunshine Bar erzogen wird. Die Holzapfelschwestern verlassen den Wald, um nach ihm zu suchen, aber sie passen nicht in die ihnen fremde Welt. Als Adam seine Bezugspersonen nach und nach verliert, wird seine Sehnsucht nach dem Wald und seinen Tanten immer größer.Ein ungewöhnlicher und extrem starker Roman. Was ist der Mensch ohne den zivilisatorischen Fortschritt? Ohne gefestigte gesellschaftliche Übereinkünfte, in die man hineingeboren wird und an die man sich hält?

Bernhard Moshammer

Geb. 1968 in St. Pölten, lebt in Wien, schreibt Romane und Musik für Theaterstücke (u. a. „Hotel Strindberg“, 2018, sowie „John Gabriel Borkman“, 2015, Regie: Simon Stone, oder „Die Stühle“, Regie: Claus Peymann/Leander Haußmann, 2019, Akademietheater Wien). „Die Holzapfel Schwestern“ ist sein sechster Roman.

 

Eintritt frei!

Anmeldung erbeten: info@buchcafe-melange.com